How to Create and Deliver Intelligent Information

Balanceakt: Tanz auf einem Hochseil namens Technologie

Es geht um Zeit: wir sind nur begrenzt auf diesem Planeten

64 Tage pro Jahr, und das sind volle 24h-Tage, sitzen wir vor dem Fernseher. 59 Tage pro Jahr starren wir auf unsere Smartphone Displays, junge Menschen gerne das doppelte. 35 Tage pro Jahr sind wir auf Social Media unterwegs. 30 Tage pro Jahr sitzen wir vor dem PC. 14 Tage pro Jahr sitzen wir im Auto, fünf davon stehen wir im Stau und zwei suchen wir einen Parkplatz. Lediglich vier Tage im Jahr spielen wir mit unseren Kindern und einen Tag pro Jahr sitzen wir gemütlich mit einem Drink in der Kneipe. Ein Jahr hat nur 365 Tage. Die Summe all der Tätigkeiten beträgt über 200 Tage pro Jahr. Okay, das eine oder andere machen wir parallel, zum Beispiel das Smartphone als zweites Display neben dem Fernseher zu nutzen. Das macht es nicht besser. Dazu kommen knapp 100 Tage Schlaf. Es bleibt nichtmehr viel übrig für gute Gespräche, Treffen mit Freunden, Sex, Meditation, Sport. Die Schieflage ist mehr als deutlich.

Es geht um Gesundheit: wir verlieren sie schneller als wir sie zurückbekommen

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Computer- und Onlinespielsucht 2018 als Krankheit eingestuft. In China und Südkorea gibt es militärisch organisierte Camps für smartphone- und onlinesüchtige Jugendliche. Durch extreme Disziplin und die völlige Abwesenheit von Bildschirmen soll ein angemessener Umgang mit Technologie ermöglicht werden. In Japan sinken die Geburtenraten unter anderem, weil junge Männer ihre sexuelle Befriedigung komplett im Internet finden und nicht mehr in der Lage sind, Beziehungen zu real existierenden Frauen aufzubauen.

Es geht um Technologie, die uns dominiert

Es gibt für jeden Menschen weltweit ziemlich genau ein Mobiltelefon, die Hälfte davon sind Smartphones. Sie sind sehr ungleich verteilt, aber die Zahl der Menschen, die Zugang zu mindestens einem haben, liegt bei 6 Milliarden. Die Zahl der Menschen, die Zugang zu einer Toilette haben, liegt bei lediglich 2,5 Milliarden. Toiletten gibt es seit den Babyloniern, Mobiltelefone gerade mal gut 30 Jahre.

Technologie verspricht uns ein besseres Leben, ein schnelleres, schöneres. Die Werbung von Big Tech, den Firmen aus dem Silicon Valley, von Produktherstellern und Einzelhändlerketten verspricht uns ein Leben auf der Sonnenseite, wenn wir nur ausreichend viel Technologie kaufen, besitzen und nutzen. Glücklich werden wir, wenn wir das neuste Telefon, das neuste Tablet, das neuste Auto, die neuste Mikrowelle, die neuste elektronische Haarbürste kaufen. Das beste Leben haben wir, wenn wir die Spuren unseres Denkens und Handelns auf sozialen Netzwerken hinterlassen. Wenn wir dem glauben und folgen, was uns in sozialen Medien als das Leben anderer verkauft wird. Wenn wir unsere Egos mit Likes füttern. Wenn wir Daten produzieren und anonymen Instanzen zur Verfügung stellen. Wenn wir in von Algorithmen gebauten Blasen unsere Wahrheit für die einzige halten und nur noch mit Menschen kommunizieren, die wie wir denken, handeln und leben.

Es geht um uns, die Menschen

Technologie schafft Distanz und Nähe, Sicherheit und Unruhe, wir lieben es, sie zu hassen und wir hassen es, sie zu lieben. Die Kommunikation mit anderen geht uns leichter von der Hand, wir sind schneller im Sammeln von Informationen, im Finden von Wegen, den besten Restaurants und angesagtesten Bars. Wir reisen schnell, schaffen damit die Illusion einer Omnipräsenz, sind überall und nirgendwo. Wir kreieren uns eine digitale Hülle, die nicht im virtuellen Raum bleibt, sondern in den analogen Raum ragt. Wer in sein Handy vertieft ist, ist nicht ansprechbar und nimmt die echte Welt nicht wahr. Wer im Auto sitzt, ist nicht sozial, er ist egoistisch. Wer mit Instanzen in der Ferne kommuniziert, redet nicht mit dem Nächsten.

Technologie hat uns immer ein besseres Leben versprochen: schneller, einfacher, bequemer, sicherer, fokussierter, aufgeräumter oder auch nur lustiger. Bekommen haben wir oft ein weniger echtes Leben. Technologie als solche ist neutral, erst unser Umgang damit macht sie zu guter oder schlechter Technologie. Die Kommunikation, wie Technologie funktioniert, welche Rolle sie spielen kann und welche Grenzen es gibt, ist kritisch für ihre Wahrnehmung, ihren Wert und ihre Beurteilung.

Ich bin weit davon entfernt, Technologie zu verurteilen. Ganz im Gegenteil, sie hat viel zu viel Positives bewirkt, hat unsere Leben länger, besser, sicherer, gesünder, bequemer, angenehmer gemacht. Ich wäre nicht seit über 30 Jahren in der Technologieentwicklung, wenn ich grundsätzliche Zweifel hätte. Es ist eine Frage der Balance, der Balance zwischen Nutzen und Überforderung, zwischen Integration und Ausschluss, zwischen Kommunikation und Ignoranz. Technologie ist per se weder gut noch schlecht, sie wird durch unser Handeln zu guter und schlechter Technologie.

Die gute Nachricht ist: wir haben unser Handeln unter Kontrolle, können mit den entsprechenden Werkzeugen die Veränderungen initiieren, die wir für ein besseres Leben brauchen. Wir können uns in den Fahrersitz begeben, wir können das Steuer übernehmen.

Es geht um Technische Dokumentationen, die Kommunikation

Technische Dokumentationen sind zentraler Teil der Kommunikation zwischen Mensch und Technik. Sie geben Zugang, erlauben Nutzen und verschaffen Sicherheit. Es geht nicht ohne sie. Sie sind zentraler Bestandteil der Interaktion zwischen Mensch und Maschine, zwischen Hersteller und Kund:in, zwischen Herausforderung und Nutzen. Sie schaffen Wert, indem sie die Nutzung von Technologie erlauben, ermöglichen und vereinfachen.

Mehr davon?

Mehr Gedanken und spannende Impulse zum Balanceakt Mensch und Technologie gibt es in der Keynote „Beziehungsstatus Mensch und Technik: es ist schwierig“ auf der tekom-Frühjahrstagung 2022 vom 6. bis 7. April in Potsdam oder per Live-Übertragung mit Online-Ticket.

Fluch oder Segen? Wie stehst du zu Technologie?

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