Gut, schnell, günstig: Wie MTPE hochwertige Übersetzungen für kleines Budget möglich macht
In der Übersetzungsbranche hieß es lange Zeit lapidar: „gut, schnell, günstig – suchen Sie sich zwei davon aus“. Seit dem Einzug neuronaler Maschineller Übersetzung (Machine Translation, MÜ) und vor allem dank dessen smarter Kombination mit dem menschlichen Posteditieren (MTPE) haben sich die Koordinaten allerdings verändert: Unternehmen haben heute auch mit überschaubarem Budget die Möglichkeit, hochwertige Übersetzungen zu bekommen. Quasi auf Knopfdruck – wenn man es richtig macht.
Maschinelle Übersetzung mit untrainierten Maschinen – also Algorithmen, die aus zuvor bereitgestellten Trainings- und Beispieldaten lernen, Muster erkennen und die richtigen Formulierungen treffen können – ist kein Neuland mehr in der Sprachindustrie. Lange Zeit diente sie eher der Belustigung unter Kollegen als der verlässlichen Übertragung in die Fremdsprachen. Sätze wie „Gott speichere die Königin“ („God save the Queen“) machten in Unternehmen und im Internet die Runde und wiegten die Übersetzungsbranche in der Sicherheit, dass generische Maschinen meist nicht zu mehr als einem Lacher fähig seien.
Anders sah es bei trainierten oder domänenspezifischen Engines aus, die für ein bestimmtes Sachgebiet oder mit den Daten eines Unternehmens gefüttert wurden. Wer diese Trainings im Unternehmen jedoch schon einmal begleitet hat, der weiß, dass von „Übersetzung auf Knopfdruck“ keine Rede sein kann: Monatelange Trainings, Re-Trainings und hohe Kosten für On-premises-Lösungen standen und stehen für viele Unternehmen in keinem Verhältnis zur Output-Qualität und zu möglichen Einsparungen.
Gerade für Unternehmen mit geringem Übersetzungsvolumen, kleinem bis keinem Trainingsmaterial, aber einem hohen Anspruch an die sprachliche Qualität war Maschinelle Übersetzung daher meist kein Thema. Doch der Durchbruch neuronaler maschineller Übersetzung (Neural Machine Translation, NMT) über Online-Applikationen hat das Blatt für alle schlagartig gewendet.
Maschinelle Übersetzung und Einsparungen „aus dem Stand“
Egal ob DeepL, Systran, KantanMT, Globalese oder Tilde: Im Bereich NMT mischen viele Anbieter mit, die ihre Maschinen – teils generisch, teils spezifisch – dem interessierten Nutzer zur Verfügung stellen. Vor allem DeepL hat mit flüssig klingenden Übersetzungen und geringen Einstiegskosten den Markt auf den Kopf gestellt. Wenn Übersetzungen auf Knopfdruck, quasi kostenlos und innerhalb von Sekunden zur Verfügung stehen: Wozu dann noch Geld für Humanübersetzungen bezahlen? „Schnell“ und „günstig“ – siehe oben – wären also „aus dem Stand“ ohne großen Eigenaufwand abgedeckt. Wie sieht es aber mit der Qualität aus? Hat MÜ wirklich das Zeug, Humanübersetzungen zu verdrängen, wie das in einigen Unternehmen schon der Fall ist?
Ein genauer Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass der Teufel meist im Detail steckt. Aus „Schalten Sie das Gerät ab“ wird schon mal „Switch the device on“, was sich zwar wunderbar flüssig liest, aber schlichtweg falsch ist. Im Englischen mögen sich viele zutrauen, solche Fehler zu finden, im Portugiesischen oder Japanischen sind es allerdings schon deutlich weniger. Damit solche Fehler gefunden werden und das Ergebnis schnell, günstig UND gut ist, lautet die Zauberformel: MTPE. Die smarte Kombination aus maschineller Übersetzung und menschlichem Posteditieren stellt sicher, dass das maschinelle Ergebnis auf Herz und Nieren geprüft wird. Und dass das Ergebnis nicht von einer professionellen Übersetzung zu unterscheiden ist, während sich die Zeit- und Kostenvorteile der Maschine aufrechterhalten.
Obwohl das Posteditieren ein manueller Schritt in der automatisierten Übersetzung ist, sind je nach Anforderungen schnell Einsparungen von durchschnittlich 30 Prozent im Vergleich zum klassischen Übersetzungsprozess möglich.
Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz maschineller Übersetzung
Damit das Ergebnis eines MTPE-Projekts niemals teurer wird als eine Humanübersetzung, muss vorab geprüft werden, was machbar ist. Die Empfehlungen einiger Anbieter und Experten, welche Texte sich für den Einsatz generischer maschineller Übersetzung eignen, lesen sich teilweise eher wie die redensartliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen: keine verschachtelten Endlossätze, aber auch keine Kurztexte ohne Kontext. Möglichst standardisierte Texte, aber keine Verträge. Keine allzu fachlichen Inhalte, aber auch keine Umgangssprache. Handbücher ja, aber nur ohne Referenzen zu Oberflächentexten. Und natürlich: kein Marketing! – Steht und fällt MÜ also wirklich mit der Textsorte?
Die Praxis zeigt: ein klares Nein! Kein Text kann oder sollte kategorisch ausgeschlossen werden. Neben der reinen Textsorte beeinflusst eine Vielzahl von Faktoren das Ergebnis, zum Beispiel:
- Sachgebiet
- Sprachrichtung
- Eingesetzte Engine
- Vorgaben (Styleguides, Terminologie)
- Erfahrung des Posteditors
Wichtig sind also keine starren Ausschlusskriterien, sondern eine individuelle Machbarkeitsanalyse. So zeigte sich schon für einige Texte, die auf den ersten Blick als ungeeignet für MTPE erschienen, nach einer genaueren Prüfung oder einem kurzen Testlauf deutliches Einsparungspotenzial im Vergleich zur Humanübersetzung. Einer der entscheidenden Faktoren dabei ist der Posteditor: Seine Erfahrung, strukturierte Arbeitsweise und sekundenschnellen Entscheidungen können den Großteil des Zeit- und Kostenvorteils von MTPE ausmachen.
Auf Knopfdruck und mit Fingerspitzengefühl
Entgegen der Skepsis und teilweise landläufigen Meinung nehmen die Maschinen den Übersetzern nicht die Arbeit weg, sondern stehen als ein zusätzliches Werkzeug im Übersetzungsalltag zur Verfügung. Die Vorübersetzung kann zu höherer Produktivität und damit mehr Wortdurchsatz beim Posteditor führen. Wo sonst 1.500 Wörter pro Tag übersetzt wurden, können vielleicht 4.000 Wörter posteditiert werden. Entsprechend geringer ist der Wortpreis für das Posteditieren. Wenn die Bezahlung am Ende des Tages allerdings identisch ist, aber ein Vielfaches an Wörtern posteditiert statt übersetzt wurde, können größere Aufträge in kürzerer Zeit fertiggestellt werden. Dies bindet weniger Ressourcen und ermöglicht es Posteditoren, für mehr Kunden zu arbeiten oder mehr Aufträge der gleichen Kunden zu erledigen.
Posteditoren nehmen im MTPE-Prozess also eine Schlüsselfunktion ein, denn ohne ihr Know-how geht im Bereich Maschinelle Übersetzung für Fachtexte eigentlich nichts. Wirklich gute Ergebnisse hängen dabei von zahlreichen Faktoren ab:
- Kenntnisse des Posteditors
- Arbeitsweise
- Faire Bezahlung
- Genaue Vorgaben
- Regelmäßiges Feedback
360-Grad-Feedback
Feedback ist ja immer gerne gesehen. Feedback an die Kollegen und Vorgesetzten, an Kunden und Lieferanten, möglichst also in alle Richtungen und 360 Grad. Auch im Bereich MÜ ist die Forderung nach Feedback stets laut. Nur: Wie viel Sinn hat das Feedback eines Posteditors, wenn die verwendete, generische Maschine eh nicht damit verbessert werden kann? Für die Maschine selbst: gar keinen. Für den MTPE-Prozess: sehr viel. Denn gezielt abgefragtes Feedback des Posteditors zeigt Schwachstellen in den Ausgangstexten (Textstruktur) oder Lücken in der Terminologiedatenbank auf. Wichtiger als das Feedback des Posteditors ist allerdings das Feedback an den Posteditor: Welche Segmente hätten noch angepasst werden müssen, was wurde bei der Qualitätssicherung noch korrigiert und welche Vorgaben ergeben sich für künftige MTPE-Projekte? Da der Posteditor wie erwähnt eine Schlüsselrolle im MTPE-Prozess einnimmt, tut man gut daran, diesen gezielt zu schulen und mit ins Boot zu holen.
Fazit
Maschinelle Übersetzung und Posteditieren haben zu Recht eine kleine Revolution auf dem Übersetzungsmarkt ausgelöst. Die Praxis zeigt, dass sich auch kostengünstig verfügbare generische Engines durchaus für den Übersetzungsalltag eignen. Der Prozess steht und fällt dabei mit dem richtigen Partner, der sich technisch und fachlich auskennt und vor allem niemals die Wirtschaftlichkeit aus den Augen verliert. Denn auch wenn sich viele Texte für MTPE eignen, müssen die Kosten und der Zeitaufwand immer im Blick behalten werden, um hier alle Vorteile der smarten Kombination aus Künstlicher Intelligenz und menschlichem Verstand für sich zu nutzen.
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