How to Create and Deliver Intelligent Information

Smarter, schneller, besser: Wer im Tempo zu Zeiten Industrie 4.0 mitgeht, trifft auf Chancen, aber auch auf neue Herausforderungen. Time-to-Market-Zyklen werden kürzer, gleichzeitig wächst die Internationalisierung und damit die Sprachenvielfalt in der Technischen Dokumentation. Je schneller und qualitativ hochwertiger Dokumentationen übersetzt werden, umso besser.

Wir kennen bereits Software-Entwicklungen, die hier Hilfe leisten: Translation-Memory-Systeme (TMS) für automatisierte Übersetzungen und Content-Management-Systeme (CMS) zur einfachen Verwaltung und für einen guten Überblick aller Texte. Technische Redakteure arbeiten mit beiden Systemen, doch arbeiten die Systeme auch miteinander? Aktuell sind nicht alle TMS mit jedem CMS kompatibel. So können Medienbrüche entstehen. Lässt sich dies vermeiden?

 

Wir fragen dazu Herrn Stefan Freisler. Er ist Vorsitzender des Verbands Deutscher Redaktions- und Content Management System Hersteller (DERCOM). Gemeinsam entwickelten sie mit dem Common Translation Interface (COTI) eine Schnittstelle, die Daten zwischen Redaktions- und Übersetzungssystemen automatisch und herstellerunabhängig austauschen kann.

@Stefan Freisler

 

 

  1. Gehören Medienbrüche mit COTI nun der Vergangenheit an?

Stefan Freisler: Nun, „Medienbrüche“ ist ein Begriff, der mehr als ‚nur‘ die Schnittstelle zwischen TMS und CMS bezeichnet. Ursprünglich oder auch im engeren Sinne versteht man darunter „Fehler durch Abtippen“ – um es mal ganz einfach zu sagen. Übertragen auf den Kontext der Zusammenarbeit zwischen CMS und TMS versteht man darunter evtl. verschiedene Dinge: Händischer Aufwand beim Aggregieren von übersetzungsrelevanten Informationen, das Paketieren zu Übersetzungsaufträgen und das Versenden per Mail oder auch das Bereitstellen auf Austauschservern. Diese Dinge werden in der Tat durch COTI automatisiert und damit auf eine höhere Stufe der Qualität gehoben.

 

 

„Am Anfang steht die Idee, aber mir scheint, dass sich der Mensch nur dann bewegt bzw. Ideen bekommt, wenn es irgendwo zwickt. Alle CMS-Hersteller hatten das gleiche Problem […]“

 

  1. Vorher vs. Nachher: Inwieweit wird sich der Dokumentationsprozess für den Technischen Redakteur/Übersetzer durch COTI im Weiteren verändern?

Stefan Freisler: COTI umfasst verschiedene Stufen: Im Level 1 wird nur das Austauschformat selbst standardisiert und auf Platte gespeichert. Dies erscheint nicht viel, ist aber bei näherer Betrachtung der Kern und stellt einen enormen Fortschritt für die Branche dar. Der Grund: Alle CMS-Anbieter, die COTI unterstützen, müssen nur ein Format exportieren. Das gilt auch für alle TMS-Anbieter. Wie weit sich der Aufwand beim Aggregieren von übersetzungsrelevanten Informationen ändert, hängt von den im CMS bereitgestellten Funktionen ab.

Im Level 3 z.B. kann die direkte Übertragung ins TMS und zurück ins CMS rein elektronisch erfolgen. Man kann also Fehler durch den Übertragungsweg selbst ausschließen. Gängige Beispiele: Eine Mail kann nicht zugestellt werden oder es werden falsche Dateien vom Austauschserver geladen. Ob diese elektronische Übertragung selbst automatisiert werden kann, hängt wiederum von den im CMS bzw. im TMS zur Verfügung gestellten Funktionen ab. Bei manchen Systemen kann man etwa die Übertragung automatisch aktivieren, wenn ein bestimmter Bearbeitungszustand erreicht ist. Dadurch hat der Redakteur im besten Fall gar keine Arbeit mehr mit dem Ausleiten der übersetzungsrelevanten Informationen. Bedenkt man, dass immer mehr Informationen granular, d.h. nicht als ganze Dokumente vorliegen, besteht hier enormes Potenzial.

 

 

„Mit COTI haben wir einen Fall von Win-Win-Win! Die CMS-Hersteller gewinnen, weil nur einmal implementiert werden muss. Die TMS-Anbieter genauso.“

 

  1. Jedes Projekt beginnt mit einer ersten Idee. Was war die zündende Idee für dieses Projekt? Und vor welche Herausforderungen waren Sie bei der Entwicklung gestellt?

Stefan Freisler: Es ist richtig: Am Anfang steht die Idee, aber mir scheint, dass sich der Mensch nur dann bewegt bzw. Ideen bekommt, wenn es irgendwo zwickt. Alle CMS-Hersteller hatten das gleiche Problem: Für den automatisierten und elektronischen Austausch von zu übersetzenden Informationen mussten sie eine Schnittstelle zwischen CMS und TMS implementieren. Angenommen es gibt 5 CMS und 5 TMS, dann müsste zwischen jedem CMS und jedem TMS eine individuelle Schnittstelle liegen. Ein Wahnsinn. Stattdessen haben wir nun mit COTI ein Common Translation Interface, das jeder nur einmal implementiert.

 

 

„[…] die Technische Dokumentation auch weiterhin verschiedenen Zwängen unterliegen: Schneller, mehr, variantenreicher, mehr Sprachen, mehr Medien, feingranularer und so weiter.“

 

  1. Welche 3 Eigenschaften sollte ein Produkt in Zeiten von Industrie 4.0 haben?

Stefan Freisler: Meiner Meinung nach ist „Industrie 4.0“ nur ein Schlagwort ‚für den Augenblick‘, das die Teilnahme der tech-Dok-Branche an einem schon längerfristig in Gang gesetzten und auch in der Zukunft anhaltenden Prozess beschreibt, nämlich die „Industrialisierung der Informationserstellung“. Diese ist u.a. durch die Erfindung oder Bereitstellung neuer Produktionsverfahren, den Übergang von Handarbeit zur Automatisierung und auch durch die Standardisierung von Abläufen und Schnittstellen gekennzeichnet. Ich sehe das übrigens nicht als Bedrohung, sondern als einen Prozess, der dem Menschen immer mehr ermöglicht, sich mit dem zu beschäftigen, was nur der menschliche Geist vermag: kreativ zu sein.

 

 

Stefan Freisler zu Industrie 4.0:

„Ich sehe das übrigens nicht als Bedrohung, sondern als einen Prozess, der dem Menschen immer mehr ermöglicht, sich mit dem zu beschäftigen, was nur der menschliche Geist vermag: kreativ zu sein.“

 

  1. Es heißt: In der Wirtschaft werden diejenigen die Gewinner sein, die die besten emotionalen Beziehungen zu ihren eigenen Kunden aufbauen. Produkte wie COTI sind dabei vor eine besondere Herausforderung gestellt, denn sie sind im Vergleich zu alltäglichen Produkten wie Kleidung oder Schreibwaren erklärungsbedürftiger. Können dennoch Emotionen vermittelt werden?

Stefan Freisler: Emotionale Beziehungen beginnen immer mit Interesse am Anderen. In der Geschäftswelt ist das ‚Interesse am Anderen‘ meines Erachtens bei den meisten dauerhaften Geschäftsbeziehungen durch eine Win-Win-Situation gekennzeichnet. Mit COTI haben wir sogar einen Fall von Win-Win-Win! Die CMS-Hersteller gewinnen, weil nur einmal implementiert werden muss. Die TMS-Anbieter genauso. Die Kunden gewinnen durch den standardisierten, elektronischen und gegebenenfalls auch automatisierten Austausch von zu übersetzenden Informationen. Und dies sogar zwischen verschiedenen Systemen.

 

 

  1. Ein Blick in die Zukunft: Welche Trends und Standards werden im Bereich von Redaktions- und Content-Management-Systemen auf uns zukommen?

Stefan Freisler: Was sich jedenfalls nicht durchgesetzt hat, sind Standardisierungsbemühungen auf der Erstellungsseite in Form von XML-Standards (sprich DITA o.Ä.). Dennoch werden die Informationserstellung, Verwaltung und Verteilung durch die Technische Dokumentation auch weiterhin verschiedenen Zwängen unterliegen: Schneller, mehr, variantenreicher, mehr Sprachen, mehr Medien, feingranularer und so weiter. Insbesondere das Verteilen und Bereitstellen von Informationen für andere Personengruppen oder technische Systeme auf eine geeignete Art ist sicher ein wichtiges Thema für die nächsten Jahre. Der DERCOM hat sich deshalb ja auch sowohl bei COTI engagiert, ist aber auch maßgeblich bei der iiRDS-Initiative der tekom beteiligt, wo es darum geht, einen Datenbereitstellungsstandard zu etablieren. Wahrscheinlich wird es auch noch weitere Fortschritte im Bereich der automatisierten Übersetzung geben. Mit COTI sind wir bis dahin aber schon einmal sehr gut gerüstet.

McFly aus der Filmreihe „Zurück in die Zukunft“. Die Frage, die Herr Freisler dem Zeitreisenden Dr. Emmett Brown stellen würde: „Könnten Sie mir die Technische Dokumentation und Konstruktionsunterlagen für die Zeitreisemaschine, die Sie benutzt haben, bitte mal geben?“

  1. Zuletzt ein fiktives Szenario: Sie treffen auf den Zeitreisenden Dr. Emmett Brown aus der Filmreihe „Zurück in die Zukunft“, der Ihnen zwei Fragen zur Zukunft beantworten wird. Welche beiden Fragen würden Sie stellen?

Stefan Freisler:

Frage 1: Könnten Sie mir die Technische Dokumentation und Konstruktionsunterlagen für die Zeitreisemaschine, die Sie benutzt haben, bitte mal geben?

Frage 2: Angenommen wir bauen jetzt selbst eine Zeitreisemaschine, verändern wir dadurch nicht die Zeitlinie und die Dokumentation dazu müsste eigentlich eine aktuellere sein?

 

Mit welchen Tools würde Herr Dr. Emmett Brown heute wohl arbeiten, um die Technische Dokumentation seiner Zeitreisemaschine zu erstellen? Würde er COTI nutzen, weil er weiß, dass es sich in Zukunft als hilfreiches Interface durchsetzen wird? Und wie würde er auf Herr Stefan Freislers Fragen reagieren? Interessante Fragen…

Wir danken Herr Freisler für seine spannende Antworten auf unsere Fragen, die uns auf die nächsten Entwicklungen weiter neugierig gemacht haben und wünschen für die Zukunft alles Gute!

 

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