How to Create and Deliver Intelligent Information

Gastautorin Lea Köppen

Lea Köppen ist Referentin auf der tekom-Frühjahrstagung 2018 in Koblenz und wird zum Thema Social Media und Crowdsourcing in der Technischen Dokumentation einen Vortrag halten.

Kunden von Fluggesellschaften drucken ihre Tickets am eigenen Drucker aus, sie geben ihr Gepäck selbst auf und checken von zuhause aus oder an Automaten ein. Kunden von Paketdiensten holen Ihre Pakete selbst bei Paketstationen ab oder bringen sie dort hin. In deutschen Großstädten räumen die Anwohner den Müll auf der Straße innerhalb groß angelegter und als „Familien-Event“ beworbener Aktionen selbst weg. Der Baumarkt toom hat mit dem Slogan: „Respekt, wer’s selber macht!“ geworben. Erfolgreich werden immer mehr Arbeitsprozesse ausgelagert, nicht etwa an professionelle Dienstleister, sondern an den Kunden.

Der Kunde stellt demnach einen wirtschaftlichen Produktionsfaktor dar: 
Vor allem sein Wissen ist ein wertvoller Rohstoff im Internet. Nicht nur hinsichtlich der Kundengewinnung und Datenerfassung, sondern vor allem inhaltlich bietet der „arbeitende Kunde“ einen großen Mehrwert. Durch das Web 2.0 und soziale Netzwerke hat sich das Internet von einem anbietergetriebenen Informationsnetzwerk hin zu einem Mitmach-Netz entwickelt: Nutzer können aktiv mitwirken und selbstständig Inhalte beisteuern und gestalten.

Die zwei Hauptmotive soziale Netzwerke zu nutzen sind:

  • die Erstellung dieser eigenen Inhalte und
  • die Informationsbeschaffung durch Erfahrungsberichte.

Aus Sicht der Technischen Dokumentation sind beide Faktoren von großer Relevanz.

Soziale Netzwerke – der Nutzen für Technische Redakteure

Wenn der Großteil der Nutzer soziale Netzwerke nutzt, um selbst Inhalte zu erstellen oder um sich Informationen von anderen Nutzern zu beschaffen – können Technische Redakteure sich diese nicht auch zu Nutze machen?

Ein soziales Netzwerk dient als virtuelle Zweckgemeinschaft: Nutzer haben konkrete Fragen, andere Nutzer konkrete Antworten. Diese basieren auf Praxiserfahrungen, sind also automatisch zweck- und kundenorientierter als die Angaben des Herstellers. Kunden vertrauen auch eher anderen Kunden, weil sie diese als unvoreingenommen und unabhängig vom Unternehmen einschätzen, ihre Meinung wird demnach als objektiv wahrgenommen.

Auch aus Sicht der Unternehmens bietet dieses Modell einen großen Mehrwert: Wenn Kunden Informationen zu einem Produkt in einem sozialen Netzwerk  suchen und andere Kunden Antworten dazu liefern, kann uns das wichtige Erkenntnisse über unsere Dokumentation liefern und uns bei der Erstellung und Optimierung dieser helfen:

Fragen als Indikator für Mängel

Werden häufig Fragen zu ein und demselben Sachverhalt gestellt, ist das ein deutliches Indiz dafür, dass dieser Sachverhalt in unserer Dokumentation missverständlich, mangelhaft oder gar nicht dargestellt ist.

Die Intelligenz des Schwarms

Nicht nur die Nutzer können die Community, also die Gruppe anderer Nutzer in einem Forum, fragen, auch das Unternehmen kann Fragen stellen: Wird unternehmensintern keine Lösung für ein Problem gefunden, kann dieses an die Community weitergegeben werden, die durch den kollaborativen Prozess eventuell schneller zu einer Antwort kommt. Es entsteht die sogenannte „Schwarmintelligenz“, ein Phänomen, bei dem durch die Zusammenarbeit mehrerer Individuen intelligente Verhaltensweisen eines übergeordneten Organismus, der Community, entstehen.

Alltagsprobleme treten erst im Alltag auf

Können in Produkttests oder auf dem Prüfstand wirklich alle Probleme zutage gefördert werden, die im Laufe des Produktlebenszyklus auftreten oder sind diese Alltagsprobleme wirklich erst erkennbar, wenn das Produkt im Alltag vom Endkonsumenten genutzt wird? Wenn dem so ist, dann ist nur der Kunde in der Lage dazu, Probleme zu dokumentieren und im Optimalfall an das Unternehmen zurück zu melden.

Crowdsourcing: Eine Chance, die technische Dokumentation zu optimieren

Bisher werden soziale Netzwerke im unternehmerischen Kontext hauptsächlich im Bereich des Marketings genutzt, um Produkte zu vermarkten und mit den Kunden in einen direkten Dialog zu treten.

Hier befindet sich die Schnittstelle zur Technischen Dokumentation: Wenn die Marketingabteilung bereits im Kontakt mit dem Kunden steht – wieso diesen Kontakt nicht auch für die Technische Dokumentation nutzen? Verschiedene Modelle aus dem Marketing, die sich bereits bewährt haben, können für die Technische Dokumentation genutzt werden.

Die Kommunikation zum Kunden hat sich mit Social Media verändert: Sie können ihre Produkte und Anleitungen bewerten und Erfahrungen teilen, die auch negativ ausfallen können. Zum einen ein Risiko, zum anderen ist die neugewonnene Transparenz eine Chance Schwachstellen besser wahrzunehmen und auszubessern.

Das Viral Marketing etwa baut auf einer der ältesten Werbe- und Kommunikationsformen auf: der Mundpropaganda. Durch soziale Netzwerke und die daraus resultierenden schnelleren Kommunikationsmöglichkeiten ist die Mundpropaganda, auch Word-of-Mouth-Phänomen oder in Verbindung mit dem Internet electric Word of Mouth (eWoM), wesentlich effektiver geworden.

Das eWoM generiert eine virale Verbreitung von Inhalten und sorgt somit dafür, dass Fragen schnell verbreitet und auch beantwortet werden können. Diese Fragen können entweder von anderen Nutzern, aber auch direkt vom Unternehmen gestellt werden.

 

 

Praxis-Tipp für die Technische Redaktion:

Fragen Sie Ihre Follower bei Facebook doch mal, was Sie von Ihrer Technischen Dokumentation halten oder was sie verbessern würden. Sie sind unsicher bezüglich Formulierungen in Ihrer Dokumentation oder bezüglich der Verständlichkeit von Grafiken? Geben Sie es an die Community und lassen Sie diese beraten und abstimmen. Durch Kommentare und die Interaktion zwischen mehreren Nutzern steigt nicht nur die Aktivität auf Ihrer Facebookseite, Sie bekommen vor allem wertvolles Feedback und sehen, was sich Ihre Kunden wünschen.

Das Monitoring, also die systematische Erfassung und Analyse von Webinhalten, oder der Content Audit, eine Bestandsaufnahme der bestehenden Inhalte eines Webauftrittes, geben die Möglichkeit, Menge und Qualität von nutzergenerierten Inhalten systematisch zu erfassen und zu bewerten. Beide Modelle eignen sich in leicht modifizierter Form auch für die Technische Dokumentation.

Praxis-Tipp für die Technische Redaktion:

Betreiben Sie Monitoring: Suchen Sie sich die für Sie relevanten Foren oder anderen sozialen Netzwerke heraus und nehmen Sie sich pro Woche zwei Stunden Zeit, um diese zu untersuchen. Was wird über Sie geschrieben, welche Erkenntnisse können Sie daraus ableiten?

Risiken und Schwierigkeiten von sozialen Netzwerken

Der größte Vorteil von sozialen Netzwerken birgt zugleich ihr größtes Risiko: Unternehmen geben etwas aus der Hand, wenn sie es an die Community geben, und verlieren damit auch einen Großteil der Kontrolle. Die Teilnehmer der Community stehen in keinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen, sind ihm also nicht verpflichtet. Fehlende Qualifikation, bewusstes oder unbewusstes Fehlverhalten bzw. Fehlinformationen sind einzukalkulierende Risiken. Es ist fast unmöglich, einmal gestreute Informationen zu steuern oder rückgängig zu machen. Die Nutzung sozialer Netzwerke setzt daher ein hohes Maß an Sensibilität voraus: Unbedachte Äußerungen und mangelnde Weitsicht bezüglich Reichweite und Einfluss wirken sich negativ auf das Unternehmensimage aus.

Ausblick

Soziale Netzwerke werden sich auch weiterhin als wichtige Kommunikationsplattform im Web 2.0 etablieren – vor allem im Hinblick auf die Weiterentwicklung des mobilen Internets und mobiler Applikationen. Diese Entwicklungen bringen es mit sich, dass sich Unternehmen in Zukunft mit einer wachsenden Anzahl von Kundenkontaktkanälen auseinandersetzen müssen.

Aus diesen können nutzergenerierte Inhalte systematisch ausgewertet und für die Technische Dokumentation aufbereitet werden. In welcher Form sich soziale Netzwerke zum Wissensmanagement von nutzergenerierten Inhalten eignen, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Auch wenn der Austausch von Wissen auf diese Weise gefördert und Wissensbestände transparent dargestellt werden, mangelt es noch an der Vernetzung und Auffindbarkeit.

Um eine rentable Nutzung der Inhalte zu gewährleisten, müssen Informationslogistik und Informationsqualität in sozialen Netzwerken standardisiert werden. Nur dann können nutzergenerierte Inhalte effizient in den Entstehungs- und Optimierungsprozess Technischer Dokumentation eingebunden werden.

Sehen Sie soziale Netzwerke als Chance an Ihre Leser besser kennenzulernen. Mit der Zeit entwickeln Sie ein Gespür für die Kommunikation.

Dann heißt es bald: Daumen hoch!


Möchten Sie mehr zum Thema Social Media und Technische Dokumentation erfahren? Auf der tekom-Frühjahrstagung vermittle ich weitere Praxistipps, wie Social Media zielführend eingesetzt wird.

Über die Autorin

Lea Köppen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen im Masterstudiengang Technische Redaktion und multimediale Dokumentation. Dort gibt sie Lehrveranstaltungen in den Bereichen Texten für Präsentation und Werbung, Konzeption und Produktion von Videotutorials und rund um das Thema gesprochenes Wort. Sie arbeitet außerdem seit vielen Jahren freiberuflich als Journalistin in den Bereichen Print und Radio und ist professionelle Sprecherin. Sie selbst hat Geschichte und Journalistik studiert und anschließend ihren Master im Studiengang Technische Redaktion und multimediale Dokumentation gemacht.

 

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