How to Create and Deliver Intelligent Information

VDI 2770 – Die neue Herausforderung für Lieferanten der Prozessindustrie

Dokumente, Dokumente!

Zu diesen Betreibern gehören z.B. die Chemie-, Pharma-, Kraftwerks- oder Mineralölindustrie, die in aller Regel hundertprozentige Systemintegratoren sind. Das heißt, sie lassen die Komponenten, die sie von ihren Lieferanten erhalten, zu ihren Anlagen zusammenbauen. Womit einhergeht, dass die Lieferanten nicht nur die Komponenten selbst beim Betreiber abliefern müssen, sondern auch die dazugehörenden Nutzungsinformationen aller Art.

Die VDI-Richtlinie nennt dies die Herstellerinformationen, die – trotz des aktuellen Stands der Technik – als Dokumente geliefert werden müssen. Diese Dokumente wiederum integriert der Betreiber in seine „Betreiberdokumentation“, die die gesamte Anlage in allen Stadien des Produktlebenszyklus abdeckt. Da ab dem Zeitpunkt der Abnahme der Anlage auch die wesentlichen Risiken auf den Betreiber übergegangen sind, benötigt er seine Betreiberdokumentation, um die Anlage sicher, effizient und effektiv zu betrieben, aber auch, um den von ihm zu erfüllenden gesetzlichen, normativen und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Im Falle von Audits müssen z.B. die relevanten Dokumente vorhanden sein und vorgelegt werden. Dies betrifft vor allem alle sicherheitskritischen Anforderungen an den Betreiber wie z.B. Explosionsschutz.

Entgegen der derzeitigen Ankündigung auf der VDI-Webseite beschreibt die Richtlinie aber NICHT die standardisierte Beschaffenheit von Herstellerinformationen, sondern, wie diese abgeliefert werden sollen.

Im Wesentlichen bedeutet dies für die Lieferanten, dass deren Technische Redakteure die abzuliefernden Dokumente mit Metadaten versehen müssen, die durch die VDI 2770 standardisiert sind. Dazu kommen noch Metadaten, die für die Verwaltung der Dokumente benötigt werden, wie z.B., um Gültigkeiten festzulegen. Dies alles muss zu guter Letzt noch in standardisierte Datenpakete gepackt und dem Betreiber übermittelt werden.

Klingt jetzt erstmal nicht so cool

Du kannst jetzt natürlich einwenden, dass dies alles zunächst einmal nicht sonderlich „cool“ klingt, bleibt dieses Dokumenten-Management doch um einiges hinter den Möglichkeiten aktueller intelligenter Technologien zur Informationsbereitstellung zurück. Für Hersteller wie Lieferanten wäre eine breite Anwendung von VDI 2770 aber schon ein großer Fortschritt, da dann wenigstens ein einheitlicher Standard für die Klassifizierung von Dokumenten und den beschreibenden Metadaten verwendet werden würde. Dies brächte enorme Aufwands- und damit Kostenersparnisse auf Hersteller- wie Betreiberseite.

Sogar über den Kreis der Prozessindustrie hinaus könnte die 2770 für Betreiber aller Art hilfreich sein. Wie organisiert denn eine Stadtverwaltung heutzutage all die Dokumente über ihren Fuhrpark? Wie wird denn die Anlagendokumentation von Bierbrauereien verwaltet? Auch die Gebäudedokumentation ist ein weites Feld, das noch beackert werden müsste – der Fantasie für die hilfreiche Anwendung der 2770 sind hier keine Grenzen gesetzt.

So weit, so gut … ABER!

Trotzdem – die Anforderungen, die im Zeitalter der Digitalisierung an die Bereitstellung von Nutzungsinformationen gerichtet werden, gehen deutlich weiter. Die Zukunft wird von den Anwendern bestimmt werden, die erwarten, dass ihnen alle relevanten Informationen zum Zeitpunkt der Nutzung korrekt, Use-Case-orientiert und personalisiert auf ihren mobilen Geräten bereitstehen. Sie wollen finden, nicht umfängliche Dokumente durchsuchen.

Die Antwort auf diese Herausforderungen, denen sich Technische Redakteure in Zukunft stellen müssen, liegt in der Zusammenarbeit, die wir zwischen dem VDI und dem iiRDS-Konsortium der tekom aufgebaut haben. Damit konnten wir sicherstellen, dass die 2770 als eine Spezialisierung des iiRDS-Standards angewandt werden kann. Das heißt, wenn du mit iiRDS-Metadaten arbeitest und diese richtig anwendest, könntest du auch nach 2770 abliefern. Und das Tolle ist, sogar als Hybrid-Paket, das es der Prozessindustrie auch erlauben würde, zukünftig die Vorteile beider Standards nutzen zu können.

Theorie vs. Praxis

Was ich hier so einfach beschreibe, bedeutet natürlich in der Realität für die Lieferanten, dass sie möglicherweise noch eine Strecke zu gehen haben. Gut aufgestellt für die VDI 2770 bist du, wenn du bereits strukturiert Inhalte erstellst, verwaltest und (teil-)automatisiert bereitstellen kannst. Die Hersteller der meisten einschlägigen komponentenbasierten Content-Management-Systeme haben sich dazu verpflichtet, Schnittstellen zu implementieren, die dir den automatisierten Export von VDI-2770- und iiRDS-konformen Datenpakten ermöglichen. Frage bei deinem CCMS-Hersteller nach. Einige Beratungsfirmen haben sich bereits darauf spezialisiert, die Implementierung der Metadaten in den Erstellungsprozess vorzunehmen. Vergleiche dazu am besten die Mitgliederübersicht auf der Website des iiRDS-Konsortiums.

Der sogenannte „Gründruck“ der VDI-Richtlinie 2770 ist im Oktober 2018 erschienen, am 31. Januar 2019 lief die Widerspruchsfrist ab. In der Regel erfolgt dann der „Weißdruck“, also die endgültige Version, sechs Monate später. Der VDI will die 2770 dann auch in die internationale Normung einbringen.

Ein Tipp: Das iiRDS-Konsortium bietet neuen Mitgliedern aus der Industrie ein Paket für „Pilot-Implementierungen“ an, mit dem du Unterstützung von kompetenten Beratern erhalten kannst. Kontaktiere, wenn du dazu Fragen hast, einfach Judith Hallwachs in der tekom-Geschäftsstelle.

Mehr Informationen zur VDI 2770 findest du auf technischekommunikation.info!

Unsere Blogserie „10 Normen für die Technische Dokumentation“ 

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1 comment on “VDI 2770 – Die neue Herausforderung für Lieferanten der Prozessindustrie”

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