Unsere Beitragsserie: Verliebt in meinen IT-Job
- Interview mit Patrick Schmelmer – Abschlussthesis und Referent zu „Technische Dokumentation in Industrie 4.0“
- Interview mit Jaqueline Probian – Studium „Kommunikation und Medienmanagement“ und Mitglied im tekom-Verband
- Interview mit Martin Häberle – Eigener Blog und tätig im Technischen Marketing
Kein Job gleicht einem anderen. Umso interessanter ist es daher, einen Einblick in das Nachbarsbüro oder in das Unternehmen gegenüber zu gewinnen. Viele Menschen haben ein genaues Bild davon, welchen Charakter ein Kreativer oder ein IT-ler hat. So haben Kreative den Ruf, exzentrisch zu sein. IT-ler werden dagegen klischeehaft als abstrakt, „nerdig“ bis hin zu sozialscheu bezeichnet. Dass all dies Vorurteile und Klischees sind, die in der Realität oft auch nicht zutreffen, kann jeder erleben, der Vertreter der jeweiligen Branche kennt.
Gerade in der IT-Branche lohnt es sich einen genaueren Blick in die Tätigkeit zu werfen, denn sie ist abwechslungsreicher und kommunikativer als zu Beginn vermutet. Wer eignet sich überhaupt für einen Beruf als Technischer Redakteur, Softwareprogrammierer, Produktionstechnologe oder Mechatroniker? Spielt Kreativität und soziale Kompetenz wirklich nur eine Nebenrolle? Zudem werden IT-Kenntnisse und -Fertigkeiten von Unternehmen stärker angefragt. Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft wirkt sich branchenübergreifend aus, so dass auch bisher IT-entfernte Berufe technikaffiner werden. Das Zukunftsbild Industrie 4.0 liegt noch vor uns, doch Unternehmen rüsten dahingehend bereits jetzt auf.
In unserer Beitragsserie gewähren Menschen verschiedener Alters- und Berufsgruppen einen Einblick in Ihren Beruf in der IT-Branche. Sowohl Einsteiger, Studenten als auch langjährige Berufserfahrene teilen ihre Motivation und Erfahrung im Beruf, bestätigen das ein oder andere Vorurteil oder entkräften es.
Heute im Interview: Patrick Schmelmer ist kürzlich mit seiner Bachelorthesis fertig geworden, die er schon gleich auf der Frühjahrstagung der tekom in diesem Jahr präsentierte. Zwar war er auf dieser Tagung der zweitjüngste Referent, doch konnte den „etablierten Hasen“ der Technischen Dokumentation interessante Informationen zur Zukunft in dieser Branche übermitteln. Wir haben nochmal genauer nachgehakt.
Du bist gelernter Technischer Zeichner im Maschinenbau und studierst Informationswissenschaft an der Hochschule Darmstadt. Deine Bachelorarbeit ging um das Thema „Technische Dokumentation in Industrie 4.0“. Ist diese technikaffine Richtung der Weg, den du schon immer einschlagen wolltest?
Patrick Schmelmer: Auf jeden Fall. Das kommt sicher daher, dass ich schon als Kind ein großes Interesse an IT hatte. Trotzdem war mir lange nicht klar, in welche berufliche Richtung ich konkret gehen wollte, denn Informatik war für mich zwar interessant – ich sah mich selbst jedoch nie als Programmierer. Mit meiner Ausbildung lernte ich den Maschinenbau kennen. Neben dem Konstruieren in CAD und anderen Tätigkeiten schnupperte ich auch ein bisschen in die Technische Dokumentation rein. Im Anschluss wollte ich auf jeden Fall studieren. Den klassischen Maschinenbau konnte ich mir als Studienfach allerdings nicht vorstellen und auch Informatik reizte mich noch immer zu wenig. So kam ich zur Informationswissenschaft, denn mich begeisterte deren Interdisziplinarität. Der Informatikanteil liegt bei etwa einem Drittel, was für mich genau richtig war. In der Informationswissenschaft werden viele Bereiche verknüpft. Im Studium lernt man, in der heutigen Informationsgesellschaft Kontrolle über die über uns hereinströmende Informationsflut zu bekommen. Dass mir beim Thema der Bachelorarbeit letztendlich das Vorwissen meiner Berufsausbildung zugutekam, war natürlich sehr hilfreich.
Was hat dich in diesem Studium besonders überrascht?
Patrick Schmelmer: Beeindruckend fand ich, dass viele der Themen, die in der Informationswissenschaft wichtig sind, gerade in den letzten Jahren große öffentliche Relevanz erfuhren. Durch „Big Data“ und andere Modewörter wurden im Laufe meines Studienverlaufs immer mehr Leute darauf aufmerksam, wozu das Fach u.a. gut sein kann. Zu Studienbeginn fiel es mir noch schwer, anderen zu erklären, was Informationswissenschaft ist. Außerdem wurden die beruflichen Nischen, in denen Informationswissenschaftler arbeiten, immer wichtiger. Ein gutes Beispiel ist die Technische Dokumentation, der man oft einen Anstieg an Tätigkeiten des Informationsmanagements prophezeit. Dass damit vor allem Aspekte gemeint sind, die man so auch in der Informationswissenschaft findet, finde ich bemerkenswert.
Studium und Job sind nicht immer leicht miteinander vereinbar. Wie ist das bei dir? Stützen sich Job und Studium gegenseitig, so dass möglichst viel Theorie gleich angewendet wird?
Patrick Schmelmer: Das betrifft zwar nicht alle Fächer, die ich im Studium belegt hatte, aber auf viele trifft das definitiv zu. Informationswissenschaft ist eine übergreifende Wissenschaft, mit der man in viele Richtungen gehen kann. Manche Themen wurden bei mir vielleicht nicht sofort, aber nach einiger Zeit auch beruflich relevant. Da ist es sehr praktisch, wenn man dazu bereits im Studium etwas gehört hat.
Warum hast du dich gerade für das Thema Industrie 4.0 entschieden?
Patrick Schmelmer: Das ergab sich aus meiner Mitarbeit im Forschungsprojekt ProDok 4.0, bei dem mein Arbeitgeber, die dictaJet GmbH, als Verbundkoordinator beteiligt ist. Das Projekt läuft seit Ende 2015 und hat zum Ziel, eine Lösung für mobile prozessorientierte Dokumentation von Maschinen in komplexen Industrieprozessen zu entwickeln. Dass ich in diesem Rahmen meine Bachelorarbeit verfassen konnte, hat sich relativ schnell gezeigt. Unter Betreuung von Prof. Melanie Siegel untersuchte ich die Parallelen von Informationswissenschaft und Technischer Dokumentation und wie die beiden Felder in der Industrie 4.0 zusammenwirken. Da ich im praktischen Teil der Arbeit eine Software zur Fehlerdokumentation konzipiert habe, konnte ich zudem noch Informatik- und Design-Kenntnisse mit einfließen lassen.
Als frischer Bachelorabsolvent warst du dieses Jahr einer der jüngsten Referenten auf der Frühjahrstagung 2017 in Kassel. Glaubst du, dass speziell die jüngere Generation die treibende Kraft für neue Innovationen und Entwicklungen wie Industrie 4.0 ist?
Patrick Schmelmer: In der Tat war es ja bei so ziemlich jeder neuen Entwicklung der Fall, dass jüngere Generationen einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen haben. Wenn man bereits einige Jahre im eigenen Feld arbeitet, fällt es bestimmt nicht mehr so leicht, „um die Ecke zu denken“. Auf der anderen Seite denke ich nicht, dass man jung sein muss, um Innovationen voranzutreiben. Man sollte sich die Fähigkeit erhalten, unvoreingenommen auf bestimmte Themen zuzugehen, Dinge neu zu kombinieren und zu hinterfragen. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Berufserfahrung in Zeiten von Industrie 4.0 nichts mehr zählt. Den geschulten und kritischen Blick auf neue Entwicklungen braucht es immer. Die „Smart Factory“ wird keinen Krieg zwischen Jung und Alt heraufbeschwören.
Eine meist ungeliebte Frage – gerade dann, wenn noch vieles offen steht: Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Patrick Schmelmer: Mit einem Masterabschluss und mehr Berufserfahrung in einem spannenden Projekt. Sehr interessant fände ich ein weiteres Forschungsprojekt bei dictaJet, das vielleicht im Anschluss zu ProDok 4.0 starten und darauf aufbauen könnte.
Die letzte Frage: Was würdest du Berufseinsteigern und Studienanfängern empfehlen, die dieselbe oder ähnliche Richtung wie du einschlagen möchten?
Patrick Schmelmer: Es klingt zwar abgedroschen, aber praktische Erfahrung ist immer Gold wert. Am besten jobbt man ein wenig während des Studiums – möglicherweise sogar schon in dem Bereich, in dem man sich vorstellen kann, später zu arbeiten. Dass ich vorher bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte, hat mir für mein Studium natürlich viel gebracht. Damit meine ich Fähigkeiten, wie etwa den Umgang mit Grafikprogrammen. Es hilft allgemein auch sehr, eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, wo sich die Theorie mit der Praxis kreuzt, sprich: was von dem Gelernten ist wichtig und was nicht. Wenn man allerdings als angehender Informationswissenschaftler noch gar nicht weiß, wohin man gehen will, macht das nichts. Es gibt sehr viele Fachrichtungen, in denen man sich entfalten kann. Ab und zu mal eine Messe oder Tagung zu besuchen (z.B. Veranstaltungen der tekom), hilft sehr, sich ein Bild von der Praxis und den dortigen Möglichkeiten zu verschaffen.
Vielen Dank, Patrick Schmelmer, für dieses interessante Interview und für den Eindruck, den du uns über deinen Werdegang geben konntest. Für die Zukunft wünschen wir dir viel Erfolg!
Unsere Beitragsserie: Verliebt in meinen IT-Job
- Interview mit Patrick Schmelmer – Abschlussthesis und Referent zu „Technische Dokumentation in Industrie 4.0“
- Interview mit Jaqueline Probian – Studium „Kommunikation und Medienmanagement“ und Mitglied im tekom-Verband
- Interview mit Martin Häberle – Eigener Blog und tätig im Technischen Marketing